Rezension zu
Berlin, Pape Verlag Berlin 2013, 534 + 1 S. 4° mit zahlr., meist farb. Abb.,
ISBN 978-3-921140-95-6. (= Nordd. Orgelbauer u. ihre Werke, Bd. 9), 48,00 €.
In der hier im Druck vorgelegten Dissertation geht der Verfasser, soweit es die erhaltenen Instrumente und Quellen erlauben, ausführlich dem Schaffen der Orgelbauer Vater und Sohn Müller nach, zu denen bisher keine umfassende und diese bewertende Publikation vorliegt. Einleitend widmet sich der Verfasser der allgemeinen Geschichte der Orgel von ihren allerersten Anfängen bis zur lokalen Situation in der hier zur behandelnden Landschaft und geht dabei auf die wesentlichen organologischen Publikationen ein. Der aus St. Andreasberg im Harz stammende Johann Georg Müller wurde 1659/60 geboren – genaue Quellen fehlen, ebenso wie für seinen um 1753 vermuteten Tod. Eine verwandtschaftliche Beziehung zu Christian Müller, Haarlem wird angenommen. Seit 1690/92 war er in Hildesheim anfangs als Tischler, danach als Orgelbauer tätig. Dreimal verheiratet übergab er zwischen 1749 und 1752 die Werkstatt seinem Sohn Johann Conrad Müller (1717–1798). Der Auswertung der wenigen Primärquellen zur Familie folgt zusammenfassend eine allgemeine Beschreibung der Stilmerkmale der Orgeln der Müllers: Prospektgestaltung und -typen, Gehäuse, technischer Aufbau, Dispositionen, Pfeifenwerk und Klang. Das Tätigkeitsfeld dieser Orgelbauer war Hildesheim bis zu einem Umkreis von 30 km. Den Hauptteil der Arbeit umfasst in chronologischer Reihenfolge die monographische Darstellung aller aus der Werkstatt hervorgegangenen Orgeln nach einer immer gleichen Gliederung: Einer kurzen zeitlichen Übersicht folgen die Beschreibung der Kirche und die heutige Disposition, sofern die Müller-Orgel noch erhalten ist. Ausführlich wird dann die Orgelgeschichte mit Umbauten, Reparaturen, baulichen Details (Prospekt, Gehäuse, Spielanlage, Mechanik, Windanlage, Windladen, Pfeifenwerk, Klang und Intonation) dargestellt, die in jedem Fall bis in unsere Zeit führt. Dispositionen jeder Veränderung sind erfasst. Ist noch Substanz einer Müller-Orgel vorhanden, erfolgt eine Bewertung (‚Befund und Ausblick‘) der musikalischen Möglichkeiten und evtl. nötiger Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung in klanglicher und technischer Hinsicht. Bisherige Umbauten werden kritisch hinterfragt und auf mögliche Restaurierungen hingewiesen. Ist keine Substanz von Müller erhalten, werden ebenso nach der Darstellung der jetzt vorhandenen Orgel deren musikalische Brauchbarkeit und ihr Zustand beschrieben. Somit bilden Hinweise auf evtl. nötige oder mögliche orgelbauliche Maßnahmen zu einer musikalischen Optimierung den Abschluss jeder Einzeldarstellungen.
Insgesamt werden 12 Orgeln von Johann Georg Müller, 4 Orgeln von Vater und Sohn, 2 nicht sicher zuzuordnende Orgeln, 19 Orgeln von Johann Conrad Müller und 7 zugeschriebene Orgeln nach den Quellen und den aktuellen eigenen Besichtigungen behandelt. Reparaturen, Kostenvoranschläge, Stimmungen der beiden Orgelbauer sind ebenfalls aufgelistet.
Am Schluss werden die Forschungsergebnisse, die Lebensläufe der beiden Orgelbauer und die Merkmale der Müllerschen Orgeln zusammengefasst. Mit dieser musikpraktischen und orgelbaulichen Bewertung sowohl der Müller-Orgeln als auch der später erbauten, heutigen Orgeln geht die vorliegende Darstellung über den sonst übliche Rahmen einer organologisch historischen Arbeit hinaus. Auf die Beurteilung der Instrumente aus Sicht des Organisten ist besonders hinzuweisen. Dass die zahlreichen Bilder die Textaussage zusätzlich erweitern, muss ebenso wenig betont werden, wie das Vorhandensein von Literatur-, Orts- und Namensverzeichnis.
Da dieser Band sowohl die historische, technische und klangliche Darstellung der Orgeln der Orgelbauer J.G. u. J.C. Müller als auch darüber hinaus die Beschreibung und Bewertung der heutigen Instrumente enthält, ist er nicht nur Organologen, Historikern, Kirchenmusikern, Denkmalpflegern, Orgelbauern sondern auch den Gemeinden, die Müller-Orgeln besitzen oder besaßen, zur Lektüre zu empfehlen.
Wolfram Hackel