Rezension zu
in Ars Organi 65, 2017, 2, S. 131-132.
Nicht nur der mit zwei prächtigen Farbabbildungen einer historischen und einer zeitgenössischen Orgel geschmückte Hochglanzeinband, sondern auch der deutlich angestiegene Umfang des Werkes seit der 1966 erschienenen ersten Auflage machen den enormen Fortschritt in Edition und Inhalt deutlich, den dieses Grundlagenwerk wissenschaftlicher Orgeldokumentation erfahren hat. Die professionelle Arbeit des wissenschaftlichen Informatikers Pape mit gut strukturierten Datenbanken liefert dabei eine besondere Breite und Zuverlässigkeit der Darstellung. Zugleich demonstriert die Zeitspanne von 50 Jahren, die zwischen der ersten und der zweiten Aufl age liegen, den langen Atem und die kontinuierliche intensive Forschungsarbeit Uwe Papes, die man nur bewundern kann. Rüdiger Wilhelm, Orgelsachverständiger in der Ev.- luth. Landeskirche in Braunschweig, weist daher in seinem Geleitwort zu Recht auf die Bedeutung der sorgfältigen und vollständigen Erfassung auch vieler heute nicht mehr existierender Positive, kleiner Hausorgeln, Instrumenten für Synagogen und Schulen hin, die hier teilweise zum ersten Mal abgebildet werden. Dabei sind die über hundert eindrucksvollen Farbfotografien des Helmstedter Augenarztes Dr. Jochen Weihmann eine Bereicherung zu den zahlreichen historischen Schwarzweiß-Fotos. Durchweg sorgsam ausgeleuchtet und aus verschiedenen Perspektiven abwechslungsreich aufgenommen, stellen sie einen optischen Genuss dar.
Eine kurze historische Einleitung erläutert die Voraussetzungen des Wohlstands der ehemaligen Hansestadt Braunschweig, die den Bau einer großen Zahl bedeutender und schöner Instrumente ermöglichte, die zum größten Teil während des Zweiten Weltkriegs zerstört wurden und nur noch in Restbeständen bzw. Rekonstruktionen erhalten sind, etwa in der Martinikirche oder der imposanten Klosterkirche Riddagshausen. Im folgenden Kapitel über Orgeln und Orgelbauer wird im Längsschnitt die Entwicklung des Orgelbaus in Braunschweig nachgezeichnet, aus dem die Namen Henning Henke, Esaias und Heinrich Compenius, Gottfried Fritzsche , Jonas Weigel und Friedrich Besser im Frühbarock besonders hervorstechen. Auch in Hoch- und Spätbarock waren kreative und qualitätvoll bauende Orgelbauer in der Region tätig, so Andreas Graff und Johann Christoph Hüsemann. Aus dem 19. Jahrhundert sind vor allem die Familie Boden und Andreas Engelhardt bedeutsam, aber auch Ph. Furtwängler und seine Nachfolger wurden in Braunschweig tätig. Die Kriegszerstörungen gaben dann einer Fülle von bekannten Orgelbaufi rmen aus ganz Deutschland die Möglichkeit zur künstlerischen Entfaltung, die mit einigen herausragenden Werken vertreten sind.
Im folgenden Kapitel werden die zehn wichtigsten Orgeln in Braunschweig vorgestellt, d. h. die der großen Kirchen der Altstadt. An je ein großformatiges Farbbild schließt sich eine Übersicht über die Baugeschichte und danach die aktuelle Disposition an. Von der Pracht und Schönheit der größtenteils untergegangenen Instrumente vermitteln der Prospekt der Weigel-Orgel in der St. Martini-Kirche und der teilrekonstruierte Prospekt der Heinrich-Compenius- Orgel.
Den Hauptteil des Bandes macht der anschließende Inventarteil aus, dem eine kurze Erläuterung zum Aufbau der verwendeten Datenbank vorangestellt ist. In überwältigender Detailfülle werden dabei die Orgeln der Innenstadt (S. 59 – 248), die Orgeln in der Alten Vorstadt – Innere Stadtbezirke (S. 249 – 306), die Orgeln in der Neuen Vorstadt und Eingemeindungen von 1931 (S. 307 – 399) und schließlich die Orgeln in Orten, die 1972 und 1974 eingemeindet wurden (S. 400 – 490), behandelt. Die Dichte und Fülle des ausgewerteten Materials ist kaum zu überbieten. Noch gesteigert wird der Informationsreichtum und damit der lexikographische Standard des Werks durch das über hundert Seiten umfassende Lexikon der behandelten Orgelbauer, Orgelbaufirmen und Instrumentenmacher, eine gelungene Ergänzung zu Papes profundem Lexikon norddeutscher Orgelbauer.
Ein Verzeichnis- und Registerteil von über 50 Seiten schließt dieses Standardwerk moderner Orgeldokumentation ab, das zum Gradmesser für künftige Werke anderer Orgellandschaften werden dürfte. Die reichhaltige Bebilderung und die gesamte Ausstattung des Bandes lassen den Preis als durchaus moderat erscheinen. Ein Werk, das in keiner organologischen Bibliothek fehlen sollte.
(Gerhard Aumüller)